Im Laufe des 14. Jahrhunderts veränderte sich die Mode so, dass sie immer eng anliegender wurde. Schlüpfkleider wurden von Cotehardies, die mit Schnürung oder Knöpfen an der Brust sowie an den Ärmeln geschlossen wurden, verdrängt. Je mehr Knöpfe und je edler das Material (Stoff- vs. Metallknöpfe) war, desto wohlhabender war sein Träger bzw. ihre Trägerin.
Knopflöcher mit der Hand zu nähen, ist daher eine grundlegende Handwerks-Technik, die man beherrschen muss(te), um Kleidung des Spätmittelalters, insbesondere des 14. Jahrhunderts, selbst zu nähen. Obwohl heutzutage Knopflöcher häufig maschinell genäht werden, bleibt der Knopflochstich nach wie vor eine praktische Methode und die Technik wird immer noch angewendet.
In diesem Artikel werde ich euch erklären, wie ich bei meinen Gewändern die Knopflochleisten angehe und nähe.
Die Materialliste für das Knopfloch-Nähen: Alles, was du brauchst
Die Materialliste ist recht überschaubar. Du benötigst:
- Faden: bspw. Leinen- oder Wollfaden oder Knopflochseide
- Nadel
- Schere
- Cuttermesser
- Schneidermaßband
- Stecknadeln
- Schneiderkreide oder ähnliches zum Anzeichnen
Hilfreich kann außerdem sein:
- Zange mit flachen Backen, um die Finger zu entlassen, wenn die Nadel mal schwer durch den Stoff geht
- Bienenwachs zum Wachsen des Fadens, damit der Faden haltbarer wird und besser durch den Stoff gleitet
Außerdem empfiehlt es sich, ein Stück des Stoffes zu verwenden, an dem die Knopflöcher letztendlich genäht werden sollen, um vorab zu üben.
Zeitaufwand pro handgenähtem Knopfloch
Der Zeitaufwand für das Nähen eines Knopflochs variiert je nach Erfahrung und Geschwindigkeit. Als grober Richtwert kann ich sagen, dass man für ein Knopfloch etwa 10-20 Minuten benötigt. Allerdings ist es wichtig, dass du dir genügend Zeit nimmst und sorgfältig arbeitest, um ein sauberes Ergebnis zu erzielen. Mit zunehmender Übung und Routine wirst du wahrscheinlich schneller werden.
Schritt 1
Schneide einen geraden Schlitz in den Stoff mit den Cuttermesser, bis der Schlitz die gewünschte Länge des endgültigen Knopflochs hat. Meine Knöpfe haben einen Kopfdurchmesster von 10 mm und ich habe mich entschieden, den Schlitz 15 mm lang zu schneiden, um die Knöpfe komfortabel durch zu bekommen. Am besten testet man vorher die Schlitzlänge bzw. das umnähte Knopflochvorab an einem Teststück aus.
Schritt 2
Bring deinen am Ende verknoteten Faden von der Unterseite (Innenseite) nach oben durch den Stoff, etwa 5-6 mm vom Schlitz entfernt, direkt an einem Ende des Schlitzes.
Schritt 3
Führe die Nadel durch den Schlitz und nähe von unten (innen) nach oben an derselben Stelle auf der anderen Seite des Schlitzes.
Schritt 4
Führe die Nadel wieder durch den Schlitz und nähe von unten (innen) nach oben eng neben dem ersten Stich.
Schritt 5
Ziehe den Faden nicht komplett durch, eine kleine Schlaufe sollte sichtbar bleiben. Fahre hier mit der Nadel von oben her durch und ziehe den Faden anschließend straff, bis sich am Rand des Schlitzes ein kleiner Knoten bildet. Nur wenn du in die richtige Richtung ziehst, positioniert du den Knoten an der gewünschten Stelle: am Rand des Schlitzes!
Schritt 6
Wiederhole diese Technik noch einmal und platziere dabei deinen nächsten Stich direkt neben dem gerade fertiggestellten. Hinweis: Mit etwas Übung bekommt man die gleiche Länge hin. Möglicherweise musst du die Nadel etwas weiter über das Ende des vorherigen Stichs hinaus nach oben ziehen, damit der aktuelle Stich am Ende die gleiche Länge hat. Beim Festziehen des Fadens kommt es zu einer gewissen “Schrumpfung”.
Schritt 7
Setze diese Technik an der einen Seite des Knopflochs fort.
Schritt 8
Wenn das Ende einer Seite erreicht ist, drehe den Stoff um, sodass die fertige Seite auf der gegenüberliegenden Seite liegt, und beginne die neue Seite des Schlitzes mit der gleichen Technik zu nähen.
Arbeite dich an dieser Seite gleich vor, wie bisher.
Wenn das Ende der zweiten Seite erreicht ist, müssen der Faden noch vernäht werden.
Tipps für handgenähte Knopflöcher für spätmittelalterliche Kleidung
Hier sind noch einige Tipps, die dir helfen können, Knopflöcher mit der Hand bei deiner Cotehardie zu nähen.
- Knopflöcher horizontal nähen: Bei spätmittelalterlicher Kleidung war es üblich Knopflöcher horizontal zu nähen.
- Abstand zwischen den Knopflöchern: Die Knopflöcher von spätmittelalterlicher Kleidung waren eng genäht. Ich nehme gerne einen Abstand von 1,8-2 cm zwischen den einzelnen Schlitzen. Bei kleineren Knöpfen und an Ärmeln könnte der Abstand sogar noch etwas geringer genommen werden.
- Abstand der Knopflöcher zum Stoffrand: Der Abstand sollte möglichst klein gehalten werden, aber noch so, dass die Knopflöcher stabil genäht werden können. Ich habe gute Erfahrungen mit 4-6 mm gemacht.
- Vorab eine Verstärkung einnähen: Für mehr Stabilität der Knopflöcher nähe ich vorab einen 2,5-3 cm breiten Leinenstreifen auf der Innenseite des Kleides an. Bei mir hat sich festes (Bauern-)Leinen bewährt. Den Leinenstreifen versäubere ich an allen Seiten, indem ich ihn einmal umklappe und dann mit dem Überwendstich annähe. Auch auf der Seite der Knöpfe nähe ich einen solchen Verstärkungsstreifen ein.
- Knopflochstiche eng nebeneinander setzen: Damit werden die Knopflöcher schön gleichmäßig und stabil und nichts franst aus. Ich musste so bei meinen mittlerweile 9 Jahren bei Ausfall noch nie ein Knopfloch erneuern.
- Faden am Ende gut vernähen: Ich fahre dafür gerne unter die genähten Fäden hindurch einmal rund um das Knopfloch - das ist zwar eine zum Teil “pfriemelige” Arbeit (hier kommt bei mir oft eine Flachzange zum Einsatz), aber das macht das Knopfloch noch etwas stabiler, habe ich das Gefühl.
Mit etwas Übung und Geduld kannst du wunderschöne handgenähte Knopflöcher schaffen, die nicht nur funktional, sondern auch dekorativ sind. Also schnapp dir deine Materialien und probiere es aus - du wirst überrascht sein, wie befriedigend es ist, selbstgemachte Knopflöcher zu haben, die deine mittelalterliche Kleidung einzigartig machen.
Frohes Nähen 🙂
Marina