Das Projekt „Ambraser Heldenbuch: Transkription und wissenschaftliches Datenset“ der Universität Innsbruck setzte sich zum Ziel, das Ambraser Heldenbuch zur Gänze sowie zeichengetreu zu transkribieren und öffentlich zugänglich zu machen. Wir haben das Projekt mit Spannung mitverfolgt und viel Freude am Ergebnis, da das Ambraser Heldenbuch nun komplett digital verfügbar gemacht wurde.
Maximilian I. und sein ‘Ambraser Heldenbuch’
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erteilte Maximilian I. die beeindruckende Aufgabe, das Ambraser Heldenbuch als opulente Handschrift zu erstellen. Der Bozner Zöllner Hans Ried führte dieses Projekt, ein Puech in pergamen, mit etwa 250 großformatigen Pergamentblättern zwischen 1504 und 1516/17 aus.
Als umfangreichster Kodex seiner Art beinhaltet das Ambraser Heldenbuch 25 bedeutende Texte der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters, was etwa 500.000 Wörtern entspricht. Interessanterweise sind 15 dieser Texte Unikate, darunter Werke wie Hartmanns von Aue ‚Erec‘, ‚Kudrun‘, ‚Moriz von Craûn‘, usw. - Kaiser Maximilian I. wollte sich damit weder ein Repräsentationsobjekt noch eine Lesehandschrift schaffen, sondern verfolgte mit diesem Auftrag das Ziel, derartige Heldenliteratur zu bewahren und vor dem Vergessen zu retten.
Beschreibstoff | Pergament |
Blattgröße | 460 x 360 mm |
Schriftraum | 360 x 235-245 mm |
Spaltenzahl | 3 (Bl. I-IV: 2) |
Zeilenzahl | 66-68 |
Entstehungszeit | 1504-1516/17 |
Schreibort | Bozen |
Das ‘Ambraser Heldenbuch’ als digital verfügbare Gesamttranskription
Das Ambraser Heldenbuch wurde ausschließlich von Hans Ried und keinem anderen Schreiber verfasst. Das und dass sich sein Schriftbild innerhalb der Jahre der Niederschrift kaum verändert hat, halfen maßgeblich bei der zeichengetreuen Transkription des Werkes. Zusammen mit vier weiteren bekannten Schriftstücken von Hans Ried (Urkunde, Zollregister und Dienstreversen) lagen dem (digitalen) Editionsvorhaben und den (computer-)linguistischen Untersuchungen etwa 600.000 Wörter vor. Ein enorm wertvolles Datenset für die weitere Sprach- und Literaturforschung!
Das Ambraser Heldenbuch gibt es bereits als Faksimile seit 1973 und auch vereinzelte Transkriptionen, meist in normalisierter Form rückübertragen in standardisiertes Mittelhochdeutsch, sind verfügbar. Allerdings fehlte bis dato eine zeichengetreue Transkription aller Texte und damit eine sprachliche Gesamtbeurteilung des Werkes.
Mit den transkribierten Texten des Ambraser Heldenbuchs kann nun ein umfassenderes Verständnis der Heldengeschichten entwickelt werden, insbesondere auch wie sich gewisse Geschichten, wie bspw. das Nibelungenlied, verändert haben. Außerdem können die Abschriften Hans Rieds wichtige linguistische und dialektologische Einsichten in die Sprachentwicklung vom Mittelalter in die frühe Neuzeit geben.
Die Gesamttranskription des Ambraser Heldenbuchs und das nun öffentlich zugängliche und zitierbare Datenset wird sicher noch als Referenzdokument für viele wissenschaftlichen Arbeiten dienen. Man darf gespannt bleiben!
Weiterführende Links zum Ambraser Heldenbuch
- Mario Klarer (Hg.), Ambraser Heldenbuch. Gesamttranskription mit Manuskriptbild, 11 Bände (Transcriptiones 1.1-11), Berlin/Boston 2022. Online unter: https://www.degruyter.com/serial/ahg-b/html#volumes (hier gibt’s auch die Bände als PDF-Downloads)
- Das Ambraser Heldenbuch: Digitale Bibliothek der Österreichischen Nationalbibliothek: http://data.onb.ac.at/rec/AL00237393
- Kurze Projektbeschreibung unter den ausgewählten ÖAW-go!digital-2.0-Projekten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: https://www.oeaw.ac.at/foerderungen/godigital/1/godigital-20-ausgewaehlte-projekte#c22576
- Beschreibung des Ambraser Heldenbuchs (Wien, ÖNB, Cod. Ser. n. 2663) im Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters: https://www.handschriftencensus.de/3766
Header-Bild: 2022. Teilband 1 Höfische Texte. Berlin, Boston: De Gruyter. https://doi.org/10.1515/9783110719017