Bau einer Hängelampe

Auf Mittelalterfesten kann es abends ganz schön dunkel werden. Wir sind schon einige Zeit am Überlegen, wie wir die Lichtsituation für Abende unter unserem Vereins-Baldachin verbessern können. Bisher verwendeten wir ein zusammengewürfeltes Konglomerat aus Laternen mit Kerzen, die wir abends am Tisch verteilten - die Helligkeit war jedoch nicht immer zufriedenstellend.

Bildquellen von mittelalterlichen Hängelampen

Nach einiger Recherche haben wir uns für eine hängende Lichtlösung entschieden. Hängelampen waren im 14. Jahrhundert bereits verbreitet.

Funde von Glaslampen und Lampenaufhängungen

Auch gläserne Versionen dieser Hängelampen waren, vermutlich durch die starke Glasindustrie Böhmens und Venedigs, bereits in Europa verbreitet.

Aus Nürnberg ist eine Glaslampe aus dem 14./15. Jahrhundert vollständig erhalten (Maße: Höhe 12,2 cm; Dm Fuß 3,15 cm; Quelle: https://realonline.imareal.sbg.ac.at/detail/nr-018687).

Erhaltene Lampenaufhängungen sind schwieriger zu finden. Wir wurden aber bei einem Fund in London (The Medieval Household, S. 132) fündig.

Der Bau unserer Hängelampe

Mit diesem Recherche-Wissen im Gepäck machten wir uns an die Konstruktion unserer Hängelampe. 

Auf den Abbildungen scheint das Grundgerüst, in dem die Glaslampe “sitzt”, aus 3 mit Ringen verbundenen Messingstäben (vielleicht mit einem Durchmesser von 2,5 mm) zu bestehen. Da unsere Hängelampe nicht in einem geschützten Wohnraum zum Einsatz kommt, sondern auch mal Wind trotzen muss, haben wir uns für ein enger-sitzendes Grundgerüst aus einer Metallkette entschieden (ja, gekauft 😛 ). Für die Aufhängung blieben wir bei der gleichen Metallkette - je 3 Stränge, die oben bei einem Ring zusammenlaufen.

Wir konstruierten so vier Hängelampen, die wir mit einem Lampenhalter aus Flachstahl an den Mittelpfosten unseres Baldachins befestigen können, direkt über unseren runden Esstisch.

Die Glaslampen haben wir bei Vattl’s altem Laden gefunden

Die mittelalterliche Hängelampe im Einsatz

Bei den Ritterspielen Maxlrain im September 2023 konnten wir unsere Hängelampe zum ersten Mal testen und wir sind begeistert! Die Lampe macht ein wunderschönes Licht und ist einfach zu handhaben. Einmal pro Abend muss etwas Öl nachgefüllt und der Docht minimal nachgezogen werden, dann brennt die Lampe stundenlang vor sich hin.

 

Weiterführende Quelle: 

The Medieval Household, Daily Living c. 1150-c.1450 (Geoff Egan), 2012: S. 132

 

Anleitung: Handgenähte Knopflöcher für spätmittelalterliche Kleidung

Im Laufe des 14. Jahrhunderts veränderte sich die Mode so, dass sie immer eng anliegender wurde. Schlüpfkleider wurden von Cotehardies, die mit Schnürung oder Knöpfen an der Brust sowie an den Ärmeln geschlossen wurden, verdrängt. Je mehr Knöpfe und je edler das Material (Stoff- vs. Metallknöpfe) war, desto wohlhabender war sein Träger bzw. ihre Trägerin. 

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Fundbelege für die Rekonstruktion von spätmittelalterlicher Kleidung

Auf historischen Veranstaltungen und Mittelalterfesten werden wir oft zu unserer Kleidung befragt und woher wir diese haben.

Die Gewandungen von der Stange, die es häufig auf Mittelaltermärkten zu kaufen gibt, entsprechen meist nicht unserer Darstellungszeit und unserem Anspruch. Daher beschäftigen wir uns selbst mit historischen Funden und Bildbelegen und informieren uns über Materialien, Farben und Nähtechniken, bevor wir unsere Kleidung - für Mann und Frau - selbst nähen. Das Wissen und die Erfahrungen, die wir dabei sammeln, geben wir intern unseren Vereinsmitgliedern weiter.

Zur Untermauerung, an welchen Funden wir uns für unsere Kleidung orientieren, werden in diesem Artikel Ausgewählte genannt - dieser erhebt aber keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit.

Textilfunde von Herjolfsnæs (Grönland)

Die gefundenen Kleidungsstücke stammen vom Friedhof in Herjolfsnes, Grönland, und sind im Dänischen Nationalmuseum in Kopenhagen zu sehen.

Der Fundkomplex aus der Zeit von 1300 bis ca. 1420 besteht aus 30 Tuniken, 17 Gugel, 5 Hüte und 6 Strümpfe - damit eine der bedeutendsten Fundquellen für spätmittelalterliche Textilien.

Die Kleidungsstücke sind in grönländischer Schafwolle gewebt und entsprechen vom Aussehen her zeitgenössischen Illustrationen.

 

Literatur:

  • Fransen, Lilli; Nørgaard, Anna; Østergård, Else (2011): Medieval garments reconstructed. Norse clothing patterns.
  • Østergård, Else (2004): Woven into the earth. Textiles from Norse Greenland.

Tunika aus den Herjolfsnes-Funden, datiert um 1400
(Quelle: https://samlinger.natmus.dk/dmr/asset/167951)

Die Textilien des Bockstenmanns (Schweden)

Der Bockstenmann ist eine Moorleiche aus einem schwedischen Hochmoor mit beinahe vollständig erhaltener Kleidung eines Mannes: eine Gugel, ein Mantel, eine Tunika, eine Hose, Lederschuhe und Beinlinge.

Der Fund wurde textiltypologisch in den Zeitraum 1290 bis 1430 datiert.

 

Literatur:

  • Wijnand van der Sanden: Mumien aus dem Moor. Die vor- und frühgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa. Batavian Lion International, Amsterdam 1996, ISBN 90-6707-416-0, S. 85 (niederländisch, Originaltitel: Vereeuwigd in het veen. Übersetzt von Henning Stilke).
  • Bocksten Man Exhibition im Halland Museum: https://museumhalland.se/en/show-item/the-bocksten-man-exhibition/

Die Textilfunde von Schloss Lengberg (Osttirol)

Im Rahmen von Umbaumaßen ab Juli 2008 auf Schloss Lengberg bei Nikolsdorf, Osttirol, wurden Textilien als Füllmaterial gefunden.

Im Fundgut wurden teils fast vollständig erhaltene Kleidungsstücke, aber auch Textilfragmente aus dem 15. Jahrhundert gefunden: u.a. Leinentextilien, die einem modernden BH ähneln; Fragmente von Leinenhemden mit Fältelung an Kragen und Ärmeln; eine leinene Unterhose; uvm.

 

Literatur:

  • Nutz, Beatrix, Marion McNealy, and Rachel Case. “The Lengberg Finds. Remnants of a Lost 15th Century Tailoring Revolution. NESAT XIII.” Archaeological Textiles – Links Between Past and Present. NESAT XIII, 2017.
  • Beatrix Nutz, Rachel Case, Carol James, Aunique survival: A woman´s fifteenth-century headdressfrom LengbergCastle, East Tyrol. In: Frances Pritchard(ed,), Crafting Textiles: Tablet Weaving, Sprang, Lace andother Techniques from the Bronze Age to the Early 17thCentury, Ancient Textiles Series 39 (Oxford 2021), 147-174.

Schloss Lengberg, Osttirol – leinener „BH“ aus dem 15. Jahrhundert (großes Bild) im Vergleich mit einem Longline-BH aus den 1950er Jahren (kleines Bild unten links) (Foto: © Institut für Archäologien)
https://shorturl.at/pSW25

Die sogenannten London-Funde

Die Fülle an Kleidungs- und Textilfunden von Ausgrabungen mittelalterlicher Stätten in London geben einen Einblick in die Mode- und Textilindustrie Englands zwischen 1150 und 1450.

Schnitte, Nähtechniken, Farbstoffe uvm. können von diesen Funden sehr gut abgeleitet werden.

 

Literatur:

  • Crowfoot, Elisabeth; Pritchard, Frances; Staniland, Kay; Museum of London (2001): Textiles and clothing, c.1150-c.1450. Woodbridge: Boydell Press (Medieval finds from excavations in London).
  • Egan, Geoff; Pritchard, Frances (2002): Dress accessories. C.1150 – c.1450. New. ed., [2. ed.]. Woodbridge: Boydell Press (Medieval finds from excavations in London, 3).

Je nachdem, welches Kleidungsstück wir für unsere spätmittelalterliche Darstellung rekonstruieren möchten, recherchieren wir tiefer und suchen konkrete, europäische und regionale Funde für bspw. Gugeln oder Kopfbedeckungen.

Die Fundbelege stellen jedoch nur eine Grundlage für unsere Rekonstruktion dar - eine konkrete Schnittvorlage ist dann noch lange nicht erstellt. Die genaue Passform am Träger und regionale Feinheiten lassen sich von den Funden oft nicht genau ableiten. Deshalb vergleichen wir die Textilfunde mit Abbildungen unserer Darstellungszeit und unserer Region und leiten davon einen geplanten Schnitt ab. Letztendlich wird das Schnittmuster am Träger selbst abgemessen und abgesteckt - erst dann nehmen unsere Kleidungsstücke richtig Form an.